NABU-Tipps zur Artenvielfalt zuhause
Artenvielfalt ist auch auf den kleinsten Balkon möglich. Der NABU gibt Tipps. Foto: NABU/Eric Neuling
Der Balkon als Arche – wenn Zaunkönig, Libelle und Co. sich ein Stelldichein geben
Allein in Niedersachsen werden täglich Flächen in einer Größenordnung von etwa 14 Fußballfeldern unter Asphalt und Beton genommen. „Ein gigantischer Verlust an Lebensräumen, und auch eine Belastung für den Klimaschutz", sagt Rüdiger Wohlers vom NABU Niedersachsen, „denn dort kann nichts mehr wachsen, können keine Pflanzen für Verdunstung und Abkühlung nach heißen Sommertagen sorgen."
Und da immer mehr Lebensraum verschwindet, ruft der NABU dazu auf, „das bisher aus ökologischer Sicht weitgehend ungenutzte, riesige Flächenpotential der Balkone und Dachterrassen in Städten und Dörfern aufzuwerten – und dort richtige kleine Archen zu schaffen – Natur einladen muss die Devise heißen, sich an ihrer unerwarteten Vielfalt erfreuen und diese selbst genießen!"
So wie Carla M., die in einer niedersächsischen Großstadt lebt und dem NABU stolz berichtet: „Ich sah seit ein paar Jahren, dass ein Zaunkönig, den ich schon als Kind als Vogelart spannend fand, auf meinem kahlen Beton herumflog und wohl auf der Jagd nach Spinnen und Insekten unter dem Campingtisch war. Beim NABU las ich den Tipp, Zaunkönigkugeln als Nistkästen zu nutzen, besorgte eine und brachte sie in einer Balkonecke an. Mein Balkon im dritten Stock ist sehr lang. Aber es tat sich zwei Jahre lang nichts. Da wurde mir klar, dass ich dem Zaunkönig auch Deckung und Nahrung anbieten musste, wenn ich ihn zur Brut ermuntern wollte und sah in einer Pflanzliste des NABU nach, was in Frage kommen könnte – gesagt, getan, ich pflanzte in mehreren Pflanzkübeln Stauden an, die gleich von Insekten besucht wurden, in einigen sogar Sträucher, etwas eine Haselnuss, eine kleine Zwergbirne, einen Weißdorn und eine Felsenbirne. Und tatsächlich: Der Zaunkönig brütete schon im nächsten Jahr auf meinem Balkon, wohl auch, weil ich seine Nistkugel aus Holzbeton ganz versteckt in eine Heckenrose im äußersten Winkel gehängt hatte!"
Ebenso begeistert gab sich Andreas P., der nur über einen kleinen Balkon verfügt – im sechsten Stock! „Ich habe nur wenige Quadratmeter, vielleicht viereinhalb", berichtete er dem NABU in seinem Erfahrungsbericht, „aber ich bin absoluter Insektenfan!" Schon seit mehr als 20 Jahren hat er seinen Balkon entsprechend hergerichtet, „farbenfroh und üppig", wie er betont „sogar so üppig, dass meine Nachbarn manchmal wohlmeinend frotzeln, ob ich die Hängenden Gärten der Semiramis nachformen möchte – aber sie freuen sich alle an den vielen Blüten!" Dabei achtet Andreas P. darauf, dass auf seinem Balkon – einschließlich des Balkongitters und der Hauswände – möglichst lange im Jahr ein „Blütenhorizont" aus ungefüllten Blüten und Garten- und Wildpflanzen aus einer NABU-Mischung vorhanden ist: „Dann haben Wildbienen, Schwebfliegen, Schmetterlinge und andere einen reich gedeckten Tisch!" Der begeisterte Insektenfreund hat an einem Gitter an der Hauswand zudem zwei große „Insektenhotels", Nisthilfen für Wildbienen, befestigt, die zwar durch den Giebelüberstand vor Regen geschützt, aber der von den Insekten geliebten und benötigten Sonne ausgesetzt sind, und er beeilt sich, hinzu zu fügen: „Die Wildbienen sind völlig harmlos – und unglaublich farbenfroh!" Sein neuester Clou ist ein Miniteich – in einem Mauereimer. „Da kann ich am Rohrkolben, dem Fieberklee und dem Sumpf-Vergissmeinnicht sogar Libellen beobachten", freut sich der Insektenfreund, der auch beobachtet hat, wie sich dort Hummel, Biene und Co. an heißen Tagen am kühlen Nass bedienen „und manchmal auch Blaumeisen", fügt er hinzu.
Je nach Größe und Lage des Balkons können auch andere Elemente genutzt werden, um Natur dorthin einzuladen – dabei natürlich immer beachtend, dass nicht zu viel Gewicht auf den Balkon gebracht wird. „Wenn er groß genug ist, können sogar Nistkästen erfolgreich besetzt werden", sagt Rüdiger Wohlers vom NABU Niedersachsen: „Es gab durchaus bereits solche Bruten!" Ein Balkon sei „ein stetiges Versuchslabor, ein Experimentierfeld, um Natur einzuladen, in einem extremen Standort, da dort Kälte und Wärme, Feuchtigkeit und Trockenheit sowie der Wind viel stärker ausgeprägt seien als beispielsweise in Gärten. „Das macht ihn aber auch viel interessanter!" So kann sich dort mit etwas Glück eine enorme Artenfülle entwickeln, „und oft brütet die Amsel im Fassadengrün auf größeren Balkonen, überwintern Schmetterlinge hinter Blättern und schauen Maikäfer vorbei" macht der Naturschützer Lust, den Balkon zur kleinen Arche zu machen. „Und ein willkommener Nebeneffekt ist der klimatische: Grüne Balkone und Dachterrassen tragen zur Verbesserung der Luftqualität in unseren Städten bei und helfen durch ihre Verdunstung, die ‚Hitzehölle Stadt' ein wenig zu entschärfen – wir brauchen viele, sehr viel mehr davon!" Auch sei der pädagogische Effekt, den artenreiche Balkone insbesondere für Kinder hätten, die in Wohnungen ohne Garten aufwachsen, nicht zu unterschätzen: „Hier können sie Natur im Kleinen erleben, den krabbelnden Marienkäfer ebenso wie die brummende Hummelkönigin im Frühling!"
Jetzt ist die ideale Zeit, auf dem Balkon und der Dachterrasse selbst Hand anzulegen. Der NABU Niedersachsen bietet dazu ein Infopaket an, das gegen Einsendung von 5 Euro angefordert werden kann beim NABU Niedersachsen, Stichwort „Balkon als Arche", Alleestr. 36, 30167 Hannover. Es umfasst die 30 Seiten starke Bauplansammlung für Nisthilfen aller Art sowie die Broschüre „Gartenlust" mit zahlreichen Pflanzvorschlägen.
Kontakt:
Naturschutzbund Deutschland, Bezirksgruppe Oldenburger Land e.V.
Schloßwall 15
26122 Oldenburg
Telefon: (0441) 25600